Roberto Abraham Scaruffi

Friday 28 October 2011


FREITAG, 28. OKTOBER 2011
Guten Morgen Herr Scaruffi,
die Börsen feierten gestern die Brüsseler Beschlüsse mit einem Kursfeuerwerk. Doch die Champagnerflaschen gehören denselben Finanzmarktakteuren, die Griechenlands langen Marsch in den Schuldenstaat ein Jahrzehnt lang ignoriert haben. Wenn es in dieser Krise eine Desillusionierung gab, dann die über die Weitsicht der Finanzmärkte. Bundesbankchef Jens Weidmann sorgte sich denn gestern zu Recht, die Investoren könnten erneut die falsche Lehre aus den Ereignissen ziehen, die nämlich, "dass ein Schuldenschnitt ein bequemer Ausweg aus selbst verschuldeten Problemen ist".
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Griechenland selbst rutscht immer tiefer in der Rezession. Die Realwirtschaft lässt sich nicht hebeln. Die Titelgeschichte unserer Wochenendausgabe "Das erschöpfte Land" beschreibt und zeigt auf 22 Sonderseiten, was unsere zwanzigköpfige Reportertruppe und vier Fotografen in Griechenland gehört und gesehen haben.

Sie finden das Porträt eines Landes, dessen Jugend zwischen Aufstand und Ausreise schwankt, dessen Unternehmer sich gegen die Anarchie stemmen, dessen Banker verhindern wollen, dass der Geldkreislauf kollabiert. Wir beschreiben die unglaubliche Geldvernichtung im Gefolge der Olympiade 2004. Wir stellen den griechischen Josef Ackermann vor, der jede Staatsbeteiligung an seinem Institut ablehnt. Und wir zeigen, welche Kronjuwelen das Land trotz alledem besitzt.

Eigentlich sollte 2011 das Triumphjahr von Daimler werden. Doch die Konkurrenz hat nicht geschlafen. Der Vorsprung von Audi gegenüber Mercedes-Benz wächst und wächst - zumindest in Sachen Profitabilität. In den ersten neun Monaten verdiente Mercedes 3,96 Milliarden Euro und erzielte eine Umsatzrendite von 9,4 Prozent, was beachtlich ist. Doch Audi erreicht eine Rendite von 12,2 Prozent, was sensationell ist. Der Grund: Vorsprung durch Kostenmanagement.

Das Wort Krise heißt im Manager-Chinesisch "Herausforderung". Als Lufthansa-Konzernchef Christoph Franz gestern mit Blick auf 2012 dauernd von Herausforderungen sprach, wusste jeder: Jetzt wird es ernst. Um nur noch vier Prozent vergrößert die Lufthansa ihr Angebot im aktuellen Winterflugplan. Eigentlich sollten es zwölf Prozent sein. Der Konzern drückt auf die Kostenbremse, bevor ihn die tatsächlichen Zahlen dazu zwingen.

Rolf Königs, der Manager und Präsident des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach, wird der Steuerhinterziehung verdächtigt. Wie der 70-Jährige dem Handelsblatt auf Anfrage bestätigte, wurden seine Geschäfts- und Privaträume am Donnerstag vor einer Woche von einem Aufgebot der Steuerfahndung durchsucht. Anders als für den Staatsanwalt bedeutet das für uns Normalsterbliche: Bis zum Beweis des Gegenteils gilt die Schuldvermutung.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Länderkollegen können bis 2015 mit rund 40 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen rechnen. In dieser Größenordnung dürfte sich die kommende Steuerschätzung bewegen, erfuhr das Handelsblatt aus Schätzerkreisen. Damit könnten Bund und Länder die von Schäuble und Wirtschaftsminister Philipp Rösler geplanten Steuerentlastungen von sechs bis sieben Milliarden Euro ab 2013 problemlos finanzieren. Das Schicksal meint es ausnahmsweise gut mit der FDP.

Auf der Bundesdelegiertenversammlung der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU wird sich CDU-Chefin Angela Merkel heute kritischen Fragen stellen müssen. Die Mittelständler werfen ihr vor, dass sich der Markenkern der CDU miniaturisiert hat. Ihre Beobachtung ist nicht ganz von der Hand zu weisen: Deutschland wird unter Merkels Führung links von Gerhard Schröder regiert. Eine Reformagenda 2020 mag sie nicht vorlegen. Denn vorlegen hieße festlegen.

Ich wünsche Ihnen einen geglückten Start in das Wochenende. Herzlichst Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
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Atempause für Athen
Mit der in der Nacht zum Donnerstag beschlossenen Halbierung der griechischen Staatsschuld besteht begründete Aussicht auf eine Beruhigung der Lage an den Finanzmärkten. Die feierten gestern die Brüsseler Beschlüsse mit einem Kursfeuerwerk. Doch statt Euphorie ist eher Skepsis angesagt.

Audi düpiert Mercedes
Volkswagens Luxustochter Audi wirtschaftet rentabler als Mercedes. Dabei sollte 2011 eigentlich das Jahr von Daimler werden. Nach mageren Jahren sprudelt der Gewinn wieder. Doch die Konkurrenz düpiert Daimler.

Lufthansa bereitet sich auf eine Krise vor
Das Wort Krise vermeidet die Lufthansa-Spitze. Konzernchef Christoph Franz spricht mit Blick auf 2012 lieber von Herausforderungen. Doch die Pläne von Europas größter Airline lassen nur einen Schluss zu: Lufthansa rüstet sich für eine Krise.

Steuer-Razzia beim Präsidenten von Borussia Mönchengladbach
Rolf Königs, der Manager und Präsident des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach, wird der Steuerhinterziehung verdächtigt, wie der 70-Jährige dem Handelsblatt auf Anfrage bestätigte.

Steuerschätzung eröffnet Spielraum für Entlastung
Experten erwarten für Bund und Länder Mehreinnahmen von rund 40 Milliarden Euro bis zum Jahr 2015. Das eröffnet Spielraum für Steuersenkungen.

Chemieriese BASF wird vorsichtiger
Der Konzern präsentiert solide Zahlen für das dritte Quartal, aber das Wachstum flacht ab.

Überseemärkte helfen Bayer
Die Zahlen des Mischkonzerns aus Leverkusen geben ein gemischtes Bild ab: Das Pharmageschäft kommt voran. Die Kunststoffsparte verdient wegen hoher Kosten weniger.

Sony will solo gegen Apple kämpfen
Der japanische Konzern übernimmt den Anteil von Ericsson an der gemeinsamen Handyfirma.

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Merkel plädiert für "härteren" Umgang mit Euro-Sündern
Trotz der Gipfel-Beschlüsse ist die Euro-Krise in den Augen der Bundeskanzlerin noch nicht gebannt. Europa müsse noch viele weitere Schritte gehen. Einige davon dürften den Regierungen in den Krisen-Länder nicht gefallen.
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Piraten diskutieren mit Handelsblatt Online
Handelsblatt Online lädt Sie ein, zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema: "Staatstrojaner - werden die Bürger ausgespäht?"

Es diskutieren:
- Achim Müller, Sprecher NRW, Piratenpartei,
- Dieter Wiefelspütz, Mitglied der SPD Bundestagsfraktion,
- Andreas Bogk, Sprecher des Chaos Computer Clubs,
- Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG)

Es moderiert Oliver Stock, Chefredakteur Handelsblatt Online.

Die Veranstaltung findet am 31. Oktober im Foyer des Verlagshauses Handelsblatt, Kasernenstraße 67 in Düsseldorf statt. Beginn ist 18.30 Uhr.
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Auf der Bundesdelegiertenversammlung der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU in Deggendorf wird sich CDU-Chefin Angela Merkel kritischen Fragen stellen müssen. Die Mittelständler kritisieren, dass der Markenkern der CDU unter Merkels Regie verloren zu gehen drohe.

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Strategiewechsel bei HP
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Obama lobt die Euro-Retter
Immer wieder hatte die US-Regierung die Europäer dazu gedrängt, mehr gegen die Schuldenkrise zu tun. Nun sieht sich das Weiße Haus bestätigt - und drängt zur Eile. Auch Pimco-Chef Mohamed El-Erian fordert weitere Schritte.
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US-Zahlen zu den persönlichen Einkommen und Auslagen
In Washington werden die Zahlen zu den US-amerikanischen Einkommen und Auslagen im September veröffentlicht. Börsianer erwarten für die Einkommen einen Anstieg um 0,3 Prozent, für die Auslagen um 0,6 Prozent.

Merck veröffentlicht Zahlen
Der Pharma-Konzern Merck veröffentlicht Zahlen für das dritte Quartal. Analysten erwarten einen Gewinn von 91 Cent pro Aktie - ein Plus von 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und eine Umsatzsteigerung von 4,4 Prozent auf 11,61 Milliarden Dollar. Investoren hoffen auf die Präsentation neuer, erfolgversprechender Medikamente, damit der Aktienkurs wieder an Fahrt gewinnt.
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Gewinn von Samsung bricht ein
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Japans Industrieproduktion schrumpft
Im September ging es in Japan leicht bergab mit der Industrieproduktion. Dafür geht die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat erneut zurück.
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An Tokios Börse geht es aufwärts
Die Tokioter Börse hat nach guten Vorgaben aus den USA deutliche Gewinne verzeichnet. Auch in Japan herrscht Erleichterung über die Einigung der Euro-Länder zur Schuldenkrise.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU
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Die internationale Wirtschaftspresse sieht keinen Grund zur Sorge über den Wahlsieg der islamistischen Partei in Tunesien.

Nach einem langsamen Sommer habe sich der Arabische Frühling in einen turbulenten Herbst verwandelt, schreibt der britische Economist. Für den Westen, der durch seine Verbindungen zu Arabiens Diktatoren stets einen guten Stand im Mittleren Osten gehabt habe, seien die Ereignisse in der Region außer Kontrolle. "Doch der Westen sollte diese Wendung der Ereignisse nicht bedauern", findet das Wirtschaftsmagazin.

Auch die Washington Post sieht keinen Grund zur Sorge über den Wahlsieg der Islamisten in Tunesien. "Es muss nicht zum Clash der Zivilisationen kommen", zitiert die US-Zeitung den tunesischen Wahlsieger, "der Westen und der Osten können zum Wohl der Menschheit koexistieren."

Der Wahlsieg der Islamisten in Tunesien dürfe kein Grund sein, den Araber wieder zum zurückgebliebenen Tölpel zu erklären, findet die Financial Times Deutschland (FTD). Das Wahlergebnis der Islamisten sei auch die Revanche der Mehrheit, die seit der Unabhängigkeit des Staates von einer säkularen, nach Europa gewandten Minderheit undemokratisch beherrscht worden sei. "Europa sollte sich in diesen historischen Tagen über korrekte Wahlen in Tunesien freuen und der Ennahdha-Partei viel Erfolg wünschen", findet die FTD.
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