Roberto Abraham Scaruffi

Tuesday 31 January 2012


DIENSTAG, 31. JANUAR 2012
Guten Morgen,
die gute Nachricht für heute Morgen lautet: Der Fiskalpakt steht. In der Euro-Zone sollen Defizitsünder künftig hart bestraft werden, heißt es darin. Die schlechte Nachricht: Das ist einer jener politischen Erfolge, die das praktische Leben der Völker kaum verändern dürften.

Auch der Maastricht-Vertrag und der Vertrag von Lissabon enthielten Schuldenbremsen und Vertragsstrafen, die immer rechtzeitig vor ihrem Wirksam-Werden suspendiert wurden. Im Falle Griechenlands würde die Vertragsstrafe des neuen Fiskalpaktes - so er heute schon gültig wäre - nur ein paar Millionen Euro betragen. Und: Wahrscheinlich müsste auch diese Rechnung von den Gläubigern beglichen werden. Wir sollten den Fiskalpakt dennoch begrüßen. Nur an seine Wunderwirkung glauben, das sollten wir nicht.

Die Investoren an den Finanzmärkten zeigten daraufhin auch gestern keinerlei Vorfreude. Der Euro fiel gegenüber dem Dollar; die Rendite für zehnjährige portugiesische Anleihen stieg auf über 17 Prozent. Die unausgesprochene Botschaft lautet: Da wächst ein zweites Griechenland heran.

Familiendrama bei Schlecker: Patriarch Anton Schlecker, der auf das Konzept der Billigdrogerie setzte, ist vom Insolvenzverwalter entmachtet worden. Tochter Meike wahrte gestern mühsam die Fassung, als sie über die Finanzlage der Familie aufklärte: "Da ist nichts mehr", sagte sie. Wir lernen: Die Steigerung von billig heißt bankrott.

Gestern traf bei uns ein Gastbeitrag von Wladimir Putin ein, den wir mit seinen Mitarbeitern vor Tagen verabredet hatten. Er liest sich, als hätte ihm Ludwig Erhard die Hand geführt. Russland leide an "systematischer Korruption", schreibt der Ministerpräsident des Landes. Ziel der Wirtschaftspolitik müsse es sein, "den Staat zu transformieren". Putin wörtlich: "Staatliche Regulierung muss reduziert und durch Marktmechanismen ersetzt werden." Bravo Putin, möchte man ihm zurufen. Man fragt sich nur, wie eigentlich jener Mann heißt, der das Land so lange schon regiert.

Bei der Telekom beginnen heute die Tarifverhandlungen für die rund 85.000 Tarifbeschäftigten. Für die erste Gesprächsrunde haben die Arbeitgeber und Gewerkschaften drei Tage angesetzt. Verdi fordert Einkommensverbesserungen von 6,5 Prozent, das Management denkt insgeheim an eine Nullrunde. Das ist der Stoff, aus dem Tarifkonflikte sind.

Der Internethändler Amazon profitiert deutlich vom boomenden Online-Geschäft. Experten gehen davon aus, dass Amazon im starken Weihnachtsquartal seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 40 Prozent gesteigert hat. Heute kommen die präzisen Zahlen. Wir können die Abwanderung der Kundschaft vom traditionellen Laden ins Internet beklagen - oder davon profitieren. Ersteres ist modisch, zweites ist klüger. Auch das Handelsblatt können Sie übrigens elektronisch bekommen. Ein Mausklick und Sie stehen bereits im Kiosk. Für alle Abonnenten liegt dort ein kostenfreies druckfrisches Exemplar schon bereit.

Ich wünsche Ihnen einen heiteren Tagesbeginn. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Gabor Steingart
Chefredakteur
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EU gelobt Sparsamkeit
Der Fiskalpakt steht. In der Euro-Zone sollen Defizitsünder künftig hart bestraft werden. Die Finanzmärkte misstrauen dem Gelübde der Politiker: Der Euro fiel gegenüber dem Dollar; die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen aus Portugal stieg gestern über 17 Prozent.

Staatsunternehmen fehlt Transparenz
Zwei Drittel der Firmen geben keine Auskunft über die Bezahlung ihrer Spitzenmanager.

"Es ist nichts mehr da"
Die insolvente Drogeriekette Schlecker muss einen Investor an Bord nehmen oder das Auslandsgeschäft verkaufen. Der Patriarch Anton Schlecker ist entmachtet.

Deutsche Inflation fällt weiter
Konsumenten zahlen weniger für Reisen, aber immer noch viel für Heizöl und Sprit.

China verliert Rohstoffstreit
Peking soll Schranken gegen die Ausfuhr seltener Metalle abbauen, fordert die WTO. Auch die deutsche Wirtschaft erhöht ihren Druck auf China.

Exporthilfe für Amerika
Deutsche Firmen entdecken das Land als Sprungbrett für die Welt. Hohe Subventionen und preiswerte Produktion locken.

Experten sehen Dax vor neuem Absturz
Charttechniker prognostizieren: Erst kommt ein heftiger Einbruch - und dann die Trendwende.

Der russische Staat ist zu mächtig
Wladimir Putin fordert in einem Gastbeitrag eine marktwirtschaftliche Neuorientierung und eine entschlossene Antikorruptionspolitik.

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Briten und Tschechen pfeifen auf den Fiskalpakt
Einen Beschäftigungspakt haben die EU-Regierungschefs durchgewunken, über strengeren Regeln für die Haushaltsführung brüteten sie lange. Der deutsche Vorschlag eines Sparkommissars für Griechenland hatte keine Chance.
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Die Favoriten unserer Leser
Gastkommentar
Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren!
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Öffentlicher Auftritt
Schlecker hat "keine wesentlichen privaten Vermögen mehr"
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Statistik 2011
Deutsche trinken mehr Billig-Biere
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Deutsche Bank
Welcome, Mr. Jain!
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Interview mit Christoph Bruns
"Aktien sind völlig alternativlos"
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Fehlende Einigung beim Schuldenschnitt belastet
Die Verhandlungen über den Beitrag privater Gläubiger an der Griechenland-Rettung dauern an. Das beunruhigt Anleger. Nachdem der Dax gestern schwach geschlossen hatte, dürfte er sich zu Handelsbeginn aber leicht erholen.
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Deutliches Plus für den Handel
Nach Einschätzung von Experten hat der deutsche Einzelhandel im Dezember ein deutliches Plus zum Vorjahr und zum November erzielt. Sie erwarten, dass heute vom Statistischen Bundesamt ein Plus von 1,4 Prozent gegenüber Dezember 2010 und eines von 0,9 Prozent gegenüber November bekanntgegeben wird.

Zahl der Arbeitslosen wieder über drei Millionen?
Die Zahl der Arbeitslosen dürfte von 2,78 Millionen im Dezember aller Voraussicht nach zumindest vorübergehend erstmals wieder über die drei Millionen steigen. Üblicherweise sorgt der Winter im Monatsvergleich Januar zu Dezember für einen Anstieg um 300.000 bis 350.000. Und dass die Zahl der Arbeitslosen um weniger als 220.000 zugelegt haben sollte, ist trotz des bislang milden (Bau-)Wetters kaum vorstellbar. Allerdings wären knapp über drei Millionen unverändert ein sehr guter Wert: Im Januar 2011 waren es noch 3,35 Millionen Arbeitslose.

Restrukturierung belastet Qiagen
Das Hildener Biotech-Unternehmen, das Zahlen für 2011 vorlegt und in Dollar bilanziert, hatte rund sieben Prozent Umsatzwachstum in Aussicht gestellt. Damit dürfte Qiagen auf Erlöse von mehr als 1,1 Milliarden Dollar zusteuern. Der bereinigte Gewinn soll im Gesamtjahr um vier bis fünf Prozent zulegen auf knapp einen Dollar je Aktie. Einschließlich aller Sonderbelastungen dürfte das Ergebnis aber spürbar zurückgehen. Denn das Unternehmen hat im November ein Restrukturierungsprogramm angekündigt, das im vierten Quartal rund 70 Millionen Euro Aufwand verursacht. Es soll in den nächsten Jahren aber auch rund 50 Millionen Euro Entlastung pro Jahr bringen.

Telekom vor harten Tarifverhandlungen
Für die erste Gesprächsrunde der Tarifverhandlungen für 85.000 Tarifbeschäftigte bei der Deutschen Telekom haben die Arbeitgeber und Gewerkschaften drei Tage angesetzt. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert unter anderem Einkommensverbesserungen von 6,5 Prozent. Verhandelt wird bis auf die T-Shops für alle inländischen Gesellschaften, einschließlich der Geschäftskundensparte T-Systems. Das Management hatte bereits 2011 betont, dass es keine Verteilungsspielräume gebe und eine Nullrunde nicht ausgeschlossen sei. Verdi erwartet daher eine schwierige Tarifrunde.
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Santander kommt mit einem blauen Auge davon
Spaniens größte Bank hat nach Einschätzung von Analysten im vierten Quartal ihren Umsatz um gut vier Prozent auf etwas mehr als elf Milliarden Euro gesteigert. Unter dem Strich dürfte das Institut allerdings mit 1,79 Milliarden Euro etwa 15 Prozent weniger verdient haben. Im Gesamtjahr dürfte die Bank nach Einschätzung von Analysten jedoch relativ ungeschoren davonkommen, da der Heimatmarkt gerade einmal ein Viertel der Einnahmen ausmacht. Vor allem das Geschäft in Brasilien wird Santanders Jahresergebnis einigermaßen retten.

Enel auf Wachstumskurs
Der hochverschuldete italienische Versorger legt heute vorläufige Zahlen für das zurückliegende Geschäftsjahr vor. Experten gehen davon aus, dass der Konzern, der zum Ende des dritten Quartals durch die Übernahme des spanischen Konkurrenten Endesa noch mit knapp 48 Milliarden Euro verschuldet war, seinen Umsatz um zwei Prozent auf gut 73 Milliarden Euro gesteigert hat. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte mit knapp 17,4 Milliarden Euro gut 3,5 Prozent höher ausfallen.
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Google pumpt sein Geld in die Politik
Marktmacht bringt Misstrauen: Politiker fürchten, dass Google seine Stellung missbrauchen könnte. Umgekehrt will Google bei Gesetzesvorhaben mitreden. Deshalb intensiviert die Suchmaschine Nummer Eins ihre Lobbyarbeit.
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USA und Europa ringen um Russlands Stimme im Sicherheitsrat
Erneut hat es bei Gewaltausbrüchen in Syrien Tote gegeben. Hillary Clinton drängt zum Handeln: Heute will sie im Sicherheitsrat eine klare Botschaft erreichen. Dazu pirscht sie sich sogar an Russland heran.
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Technik-Werte bringen Erholung - Richtung Nulllinie
Die US-Anleger schauten nach Europa - und waren beunruhigt. Sorgen über Griechenlands Schulden und den Ausgang des EU-Gipfels trübten die Stimmung, Tech-Aktien hellten sie auf. Unter dem Strich verloren die US-Börsen ein wenig.
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Biogen Idec verdient deutlich besser
Für das US-Biotech-Unternehmen, das über das zurückliegende Geschäftsjahr berichtet, rechnen Analysten mit einem Umsatzanstieg von etwa sechs Prozent im Gesamtjahr auf rund fünf Milliarden Dollar. Der Gewinn dürfte demnach deutlich kräftiger um rund 15 Prozent zulegen, nicht zuletzt weil die ersten drei Quartale bereits sehr gut liefen. Für das Schlussquartal wird nur noch ein Gewinnplus von vier Prozent erwartet.

Gutes Schlussquartal für UPS
Der Logistik-Konzern hat nach Einschätzung von Analysten im vierten Quartal seinen Umsatz um gut sieben Prozent auf 14,5 Milliarden Dollar gesteigert. Beim Nettoergebnis rechnen Experten mit einem Plus von neun Prozent auf 1,22 Milliarden Dollar.

Pfizer leidet unter Patentablauf
Bei dem Pharma-Riesen wird bei der heutigen Vorlage der Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vor allem spannend sein, wie stark sich die Umsätze mit dem bisherigen Bestseller Lipitor im vierten Quartal entwickelt haben. Der Cholesterinsenker hat im November den Patentschutz in den USA verloren. Analysten gehen davon aus, dass sich dass im Quartal aber nur in einem zweiprozentigen Rückgang von Umsatz und operativem Gewinn niederschlagen wird. Der Nettogewinn dagegen dürfte sich aufgrund diverser Sonderfaktoren im vierten Quartal mehr als halbieren, während er für das Gesamtjahr wohl um etwa ein Fünftel höher ausgewiesen wird.

Eli Lilly steht vor deutlichen Einbußen
Auch für den Pharmakonzern Eli Lilly hat im vierten Quartal 2011 eine Durststrecke begonnen. Denn der bisherige Umsatzträger Zyprexa, ein Schizophreniemittel mit zuletzt rund fünf Milliarden Dollar Jahresumsatz, hat seinen Patentschutz verloren. Die Experten der Banken gehen daher davon aus, dass der Umsatz des Konzerns im Quartal bereits leicht schrumpfen und der Gewinn sogar um rund ein Drittel sinken wird. Die Zahlen für das Gesamtjahr dürften dank einer positiven Entwicklung bis Ende September noch günstiger aussehen, mit einem Umsatzplus von etwa sechs Prozent auf 24 Milliarden Dollar und einem nur einstelligen Ertragsrückgang. Für 2012 indessen zeichnen sich weitere deutliche Einbußen ab.
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Industrieproduktion steigt - Arbeitslosigkeit auch
Langsam erholt sich Japan von den Auswirkungen der Erdbeben und des Tsunami: Die einheimische Industrie hat im Dezember mehr produziert als erwartet. Allerdings kämpft das Land mit der steigenden Arbeitslosigkeit.
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Zaghaft legen Japans Börsenhändler ihre Sorgen ab
Die europäische Schuldenkrise ist auf dem Börsenparkett in Tokio weiterhin ein Thema. Das ungewisse Schicksal Griechenlands drückte die Stimmung dennoch nur wenig.
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FÜR SIE GELESEN - HANDELSBLATT PRESSESCHAU
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Die Wirtschaftspresse debattiert die Insolvenz von Schlecker.

Vom Tellerwäscher zum Millionär - Anton Schlecker verkörpere den amerikanischen Traum genauso wie den schwäbischen Albtraum: Vom Milliardär zum Habenichts, stellt die Financial Times Deutschland fest und staunt über die Versicherung der Tochter, das Familienvermögen sei futsch und die Aussage des Insolvenzverwalters, bei Schlecker sei privat nicht mehr viel zu holen. Das Mitleid halte sich in Grenzen.

In diesen Zeiten der Rücksichtslosigkeit in vielen Chefetagen - und schon gar von diesem Mann - möchte man es glauben, schreibt Die Welt: "Anton Schlecker hat durch die Wahl der Rechtsform seines Unternehmens sehenden Auges riskiert, sein persönliches Vermögen zu verlieren." Und er habe es verloren. Diese Version der Geschichte hält die Zeitung für glaubwürdig. "Hätte er das Geld gehabt, hätte er vermutlich gezahlt und sich so die größte Demütigung seines Unternehmerlebens erspart."

Es werde ein Unternehmen geben, das aus den Ruinen der zusammengebrochenen Schlecker-Gruppe neu aufgebaut wird, glaubt auch die Frankfurter Rundschau . "Der Grund: Die Lieferanten wollen es so." Denn die Drogeriekette sei für Henkel, Beiersdorf, Procter & Gamble und Dutzende weiterer Firmen mit Tausenden von Filialen ein eminent wichtiger Absatzkanal.
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