Roberto Abraham Scaruffi

Wednesday 30 May 2012


Mittwoch, 30. Mai 2012
Guten Morgen,
unsere Bundeskanzlerin kann eine große Zauderliese sein. Bis heute hat sie kein belastbares Dokument vorgelegt, wie die Energiewende - das Abschalten aller Kernkraftwerke bis 2022 und der Ausbau erneuerbarer Energien - bewältigt werden kann. Gestern legten die vier großen Netzbetreiber einen Masterplan vor, wie mit 7.800 Kilometern teils neuen, teils modernisierten Starkstromleitungen und Investitionskosten von rund 30 Milliarden Euro das Ganze doch noch klappen könnte. Angela Merkel nahm das Papier artig entgegen und versprach, diese Ideen würden nun "schnell in ein Gesetz gegossen". Unsere heutige Titelgeschichte widmet sich dem "Masterplan für Merkel", der einmal mehr beweist: Einer Kanzlerin, die sich nicht selbst zu helfen weiß, wird geholfen.

Der angeschlagene Touristikriese Thomas Cook kommt bei deutschen Reisebüros ins Gerede. Grund ist eine Änderung der Zahlungsabwicklung. Die Kunden sollen ihre Reiseanzahlungen und Restbeträge künftig nicht mehr per Lastschrift begleichen, sondern mit einer Überweisung. Die Koblenzer Interessengemeinschaft Reisebüro wertet dies als ein Zeichen schwindender Bonität. Denn: Kunden können bald ihre Lastschriften noch acht Wochen lang stornieren. Deshalb verlangen die Banken einen millionenschweren Kreditrahmen für diese kundenfreundliche Zahlungsweise. Den will oder kann sich der britische Touristikkonzern, der in Deutschland mit den Marken "Neckermann Reisen" und "Öger Tours" auftritt, nicht mehr leisten. Die Reisebüros raten von langfristigen Anzahlungen ab. Thomas Cook wies die Kritik gestern zurück. Die Erfahrung lehrt: Wo es raucht, da brennt auch Feuer.

Die Verhandlungen über einen neuen Haustarifvertrag bei Volkswagen kommen heute in die entscheidende Phase. IG-Metall-Bezirkschef Hartmut Meine und der Personalchef der Kernmarke VW-Pkw, Martin Rosik, treffen sich zur zweiten Gesprächsrunde in Hannover. Beim Auftakt vor drei Wochen hatte Europas größter Autobauer noch kein Angebot für die 102.000 Beschäftigten der sechs westdeutschen Werke und der VW-Finanztochter vorgelegt. Die Gewerkschaft war mit einer Forderung von 6,5 Prozent mehr Entgelt in die Verhandlungen gegangen. Der Rekordgewinn von VW wird nun offenbar teuer für das Unternehmen.

Die Zeiten, da europäische Firmen dankbar waren, in China investieren zu dürfen, sind vorbei, meldet unser China-Korrespondent Finn Mayer-Kuckuk. Gestern beschuldigte der Präsident der EU-Handelskammer in China die Politbürokraten, den freien Marktzugang für die Westfirmen zu blockieren und Bürokratie als Waffe einzusetzen. Mit fünf Milliarden Euro Investitionsvolumen stecken die Europäer doppelt so viel Geld in das Reich der Mitte wie die Amerikaner. Zum Dank werden sie mit Joint-Venture-Vorschriften gepeinigt, die oft einen legalen Technologieklau bedeuten. "Geplante Investitionen könnten auch in andere Märkte umgeleitet werden", drohte die Handelskammer. Doch die Chinesen werden erst reagieren, wenn den Worten Taten folgen. Mit dem Konjunktiv sind Politkommissare nicht zu beeindrucken.

Die Bankenrettungen in Spanien schüren die Nervosität an den Märkten und verteuern die Finanzierung anderer Euro-Staaten. So musste Italien Investoren gestern für sechsmonatige Papiere 2,1 Prozent Rendite bieten. Bei der vorigen Emission waren die Geldgeber noch mit knapp 1,8 Prozent zufrieden. Es gibt Tage, da beschleicht einen das Gefühl, die wahre Euro-Krise stehe dem Kontinent erst noch bevor. Der Euro verliert nicht nur an Wert, er verliert vor allem an gesellschaftlicher Akzeptanz.

Noch unbeliebter als europäische Staatsanleihen sind derzeit die Aktien von Facebook und von Blackberry. Trotz eines guten Börsentages in New York verloren die Papiere von Facebook heute Nacht erneut und liegen nun bereits ein Viertel unter dem Ausgabekurs. Auch Blackberry, die gestern rote Zahlen ankündigten, sackten weiter ab. Für ein soziales Netzwerk und einen Smartphone-Hersteller, die beide auch von der Sympathie des Publikums leben, sind das erschreckende Tatbestände. Mark Zuckerberg sollte das Schicksal von Ex-Telekom-Chef Ron Sommer und Pixelpark-Gründer Paulus Neef studieren. Der Friedhof ehemaliger Börsenlieblinge ist gut gefüllt.

Ich wünsche Ihnen einen schwungvollen Start in den Tag. Herzlichst grüßt Sie Ihr

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Gabor Steingart
Chefredakteur

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TERMINE DES TAGES
Tarifgespräche bei Volkswagen kommen in entscheidende Phase
Heute gehen die Verhandlungen über einen neuen Haustarifvertrag bei Volkswagen in eine neue Runde. IG-Metall-Bezirkschef Hartmut Meine und der Personalchef der Kernmarke VW-Pkw, Martin Rosik, treffen sich zur zweiten Gesprächsrunde in Hannover. Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung von 6,5 Prozent. Sie dringt auf einen "zügigen Abschluss" und will außerdem weitere Verbesserungen für Leiharbeiter.

Regierungschefs des Ostseeraums treffen sich zum Gipfel
Auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel kommen die Regierungschefs des Ostseeraums sowie von Norwegen und Island in Stralsund zu einem zweitägigen Treffen zusammen. Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat sich angesagt. Russland wird von Vize-Ministerpräsident Igor Schuwalow vertreten. Bei dem Treffen geht es vor allem um die Beiträge der einzelnen Länder zu einer "wettbewerbsfähigen und wachstumsstarken Ostseeregion". Ebenfalls auf der Agenda steht das Thema "Moderne Energieinfrastrukturen und grenzüberschreitende Kooperationen".

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TERMINE DES TAGES
EU-Kommission gibt Mitgliedstaaten finanzpolitische Empfehlungen
Heute veröffentlicht die EU-Kommission ihre neuen wirtschafts- und finanzpolitischen Empfehlungen an die 27 Mitgliedstaaten. Das ist wichtig, weil die Kommission durch die Reform des Stabilitätspaktes viel mehr Befugnisse bekommen hat. Interessant dürfte vor allem sein, was die Kommission zu Frankreich und zu Spanien sagt. Die Empfehlungen können Spareinschnitte, Strukturreformen und Maßnahmen zur Ankurbelung des Wachstums enthalten. Die Umsetzung der empfohlenen Schritte wird ein zentrales Thema beim Treffen des Europäischen Rats Ende Juni sein.

Entscheidung über Auslieferung Assanges
Das höchste britische Gericht, der Supreme Court, entscheidet am Vormittag, ob der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, nach Schweden ausgeliefert werden darf. Er steht unter dem Verdacht, dort im August 2010 zwei Frauen sexuell belästigt und in einem Fall auch vergewaltigt zu haben. Sollte der Supreme Court - wie bereits zwei Instanzen zuvor - die Auslieferung von Assange als rechtens betrachten, könnte der Australier noch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde einlegen.

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RESEARCH IN MOTION
Blackberry rutscht in die roten Zahlen
Apples iPhone und Android-Smartphones haben sich offenbar durchgesetzt. Darunter leidet der angeschlagene Hersteller des früher so begehrten Blackberrys. Nachbörslich brach die gebeutelte Aktie um zwölf Prozent ein. Mehr...

AKTIE IM FOKUS
Facebook-Aktie stürzt auf unter 29 Dollar
Die Wall Street hat einen guten Tag, doch das Papier des sozialen Netzwerks Facebook bleibt außen vor. Erstmals notiert die Aktie unter 29 US-Dollar. Seit dem Börsengang hat sie fast ein Viertel ihres Wertes verloren. Mehr...

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US-VORWAHLEN
Romney nimmt letzte Hürde in Texas
Dem US-Multimillionär Mitt Romney ist die Präsidentschaftskandidatur für die Republikaner nun auch rechnerisch nicht mehr zu nehmen. Bei der Abstimmung in Texas sicherte er sich die notwendigen Delegiertenstimmen. Mehr...

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Hollande denkt an Militärintervention
Nach dem Massaker im syrischen Al-Hula denkt Frankreichs Präsident über eine Militärintervention mit UN-Mandat nach. Washington ist dagegen. Deutschland und andere Staaten weisen syrische Diplomaten aus. Mehr...

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WORTE DES TAGES

"Nach unserer Überzeugung helfen protektionistische Maßnahmen nicht, die heimische Solarindustrie zu schützen."
Rudolf Staudigl,
Vorstandschef der Wacker Chemie

"Wenn eins von fünf Unternehmen erwägt, das Land zu verlassen, würde ich das als ziemlich alarmierend betrachten."
Davide Cucino,
Präsident der Europäischen Handelskammer,
zu den Abwanderungsgedanken aus China